D8E - ein Tieflieger mit nach vorn geneigter Gabel            27. 5.13

 

Vorüberlegungen

 

 Stefan Gloger war bei der Konstruktion seiner Desira (Darmstädter Ergonomie- und Sicherheitsrad) im Rahmen seiner Promotionsarbeit (wohl durch Zufall) auf eine Lenkung mit nach vorn geneigter Gabel gestoßen. Die Vorteile kamen zwar für mich bei einer Probefahrt - wahrscheinlich wegen einer elastischen Lenkübertragung - nicht sehr deutlich zum Tragen, meine Neugier war aber geweckt.

 

 Ich baute also einen eigenen Prototyp - und war  begeistert. Bei der normalen Geometrie führt das Eigengewicht von Rad und Fahrer zu einer Instabilität, das Gewicht  möchte die Lenkung bei einem kleinen Einschlag ganz einschlagen. Das kann man im Stand ausprobieren. Diese Instabilität  muß durch einen eigentlich zu großen Nachlauf ausgeglichen werden. Bei der Desira - Lenkung unterstützt das Eigengewicht den Geradeauslauf.

 

Stabiler Geradeauslauf ist mit kleinen Rädern und tiefem Schwerpunkt sonst kaum zu erreichen. Ein Neuling, der das erste Mal auf ein Liegerad steigt, ruft meist "Huch, ist das wackelig". Um es gleich vorweg zu nehmen, das D8E ist ab ungefähr 20 km/h freihändig zu fahren, für ein Fahrzeug dieser Art (mit 400mm Vorderrad!)  SEHR ungewöhnlich. Ein weiterer Vorteil: die Kollisionsgefahr zwischen Fersen und Vorderrad besteht erst bei deutlich stärkerem Einschlag. Stefan hat auch herausgefunden, daß die Seitenwindempfindlichkeit bei verkleidetem Vorderrad geringer ist und daß ein schräges Auffahren auf eine Stufe (z. B. Bordstein)  geringere Einflüsse auf die Lenkung hat.

Da der Schwerpunkt von Fahrer + Fahrzeug deutlich über der 45 Grad – Linie durch den Aufstandspunkt des Vorderrads liegt, ist leider trotz der niedrigen Sitzhöhe ein Abheben des Hinterrads bei scharfem Bremsen fast so leicht möglich, wie beim Normalrad

 

Der Bau

 

Meine bisherigen Räder mit Desira - Lenkung hatten alle indirekte Lenkung (außer einem Tandem, bei dem der Fahrer praktisch über dem Vorderrad sitzt). Ich wollte wissen, ob sich auch bei einem normalen Tieflieger direkte Lenkung verwirklichen läßt, und baute sogar (zum ersten mal) ein Holzmuster.

 

Irgendwie habe ich mich aber total vermessen, es war doch indirekte Lenkung erforderlich und die Fahreigenschaften waren ziemlich unangenehm. Schließlich lötete ich einen steiler stehenden Steuerkopf ein, es ergaben sich zwar etwas ungewöhnliche Maße, Lenkwinkel 94 Grad und Nachlauf 95 mm, aber jetzt war direkte Lenkung gerade noch möglich und das Rad ließ sich sogar freihändig fahren.

 

 

Der E - Antrieb

 

Von einem früheren Projekt hatte ich noch eine ElfkW - Frontmotor, den ich verwenden wollte, weil ich mit diesem und noch 2 weiteren ElfkW - Motoren gute Erfahrungen gemacht hatte. Der Motor ist für 26" ausgelegt. Im 16" -Rad endet seine Unterstützung bei etwa 18 km/. Dafür hat er erheblich mehr "Mumm". Das ist mir gerade recht, da Geschwindigkeit für mich praktisch keine Rolle mehr spielt und ich mich andererseits fast ausschließlich in den Bergen bewege. Als Akku verwende ich einen von Ansmann und einen von einem Mitglied des Pedelec - Forums erworbenen mit 6 Ah. Der Regler mit einem daran anschließenden Kunststoffbehälter (ursprünglich für Eis) für Anschlüsse und zu lange Kabel befindet sich im "Kofferraum".

 

Sonstiges

 

Der Ständer, ein Stück Alu-Schistock - federleicht und stabil, ist an der Sitzaußenkante aufgehängt und sorgt für beste Standfestigkeit.

Das Hinterrad hat jetzt noch  Brompton   - Format, es soll aber noch durch ein 305er  ersetzt werden, ich habe bis jetzt nur noch keine Speichen dafür. Die Sockel für die V - Bremsen sind deshalb nur verschraubt, damit ich sie später problemlos versetzen kann.

In der ersten Ausführung hatte ich einen ziemlich langen Tiller. Das hätte für die Rohloff lange und verwinkelte Züge bedeutet. Da kam mir die Idee, den Drehgriff auf ein Stück Alurohr zu setzen, das rechts vorn mit Schellen am Sitz befestigt ist. Das funktioniert recht gut, deshalb habe ich es beibehalten. Die Rohloff ist eigentlich in diesem Fall etwas "überdimensioniert", ich hatte sie aber noch von einem  früheren Projekt und die Wartungsarmut, gleichmäßige Abstufung, Spannweite der Übersetzung und Schaltbarkkeit im Stand sind schon sehr komfortabel.

 

 

Erste Erfahrungen

 

Durch den kurzen Radstand und die weiche Federung neigt das Rad zu starkem "Nicken" beim Bremsen, das kannte ich schon, hier kommt noch das Aufrichten der Vorderschwinge beim Einsetzen des Motors dazu, das ist aber schon nach 100 Kilometern kein Thema mehr.

Schwierig ist der Pedalantrieb. Die erste Kette verläuft im Zugtrum dicht über der vorderen Sitzstrebe und die hintere dicht unter der hinteren Sitzstrebe und dicht über der rechten V-Bremse, teilweise in PU - Rohren.  Beide Ketten werden durch Schaltwerke gespannt. Irgendwo schabt und rasselt da noch etwas.

Die Fahreigenschaften sind angenehm. Vom Gefühl her verschlechtert der Motor im Vorderrad  (erwartungsgemäß) das Federungsverhalten vorn spürbar

Oben liegende Lenkung, die ich schon ewig nicht mehr gebaut habe, hat Vorteile, weniger Luftwiderstand (bei schmalem Lenker), ein Spiegel  ist problemlos anzubringen und das Rad lässt sich lässig schieben, aber den Komfort der völlig entspannten Armhaltung erreicht sie einfach nicht.

 

Technische Daten

 

Radstand                         875                        Sitzhöhe                 360              Tretlagerhöhe         380

Federung vorn                  gezogene Schwinge                                                 Federelement         Cellastoblock

Hebelverhältnis                 ca 100 : 70

Federung hinten               Schwinge                                                                 Federelement         Cellastoblock  50 x 195

Hebelverhältnis                 380 : 95

Kraftübertragung    vom Tretlager eine Kette zu einer Zwischenwelle (Hinterradnabe mit 2 Ritzeln) an der Schwinge, von dort zweite Kette zur Rohloff, beide Ketten durch Schaltwerk gespannt

E -Antrieb                         ElfkW  Getriebemotor im Vorderrad (26" -Ausführung)

Gewicht (ohne Akku)        19 kg

Vorderreifen                     47 x 305                                                        Hinterreifen   37 x 355,  wird noch geändert

Rahmen                           Stahlrohr 60 x 1                                             Sitz und Kofferraum   Alurohr 22 x 1,5

Lenkwinkel                       94 Grad                                                         Nachlauf                                       95 mm

Bremse vorn                    Scheibe Shimano                                           hinten V- Bremse

Lenkerbreite                     430                                                                Kofferraum             Sperrholz/Stoff von altem Surfsegel

 

Wie gings weiter ?

 

14. 6.            55 km                   Dynamo

 

Für den Dynamo hatte ich links oben auf der Schwinge eine Lasche angelötet.  Jetzt zeigte sich, dass er dort beim Einfedern an der Innenseite des Kofferrraums (Sperrholz) anschlägt. Nach längerem Überlegen habe ich ihn dann unter der Schwinge und zwar nach hinten anzeigend angebracht. Dort wird er auch einen Tick weniger durchgeschüttelt.

 

 

17. 6.           72 km                   Fast ein GAU

 

Mehr oder weniger zufällig entdeckte ich oben am zweiten Knick des Rahmens einen feinen Riß in der Beschichtung.  Die Hoffnung, dass es nur die Beschichtung betraf, erfüllte sich leider nicht. Ich bremse versuchsweise scharf und hielt dabei den Zeigefinger auf den Riß und spürte deutlich , wie er arbeitete. Ich erinnerte mich, dass ich gleich am Anfang mal eine brutale Notbremsung machte. Aber das allein hätte natürlich nicht ausgereicht.

Ich habe schon sehr lange nicht mehr geschweißt, nur hart gelötet , das geht aber an der Stelle nicht.  So wurde die Naht etwas ruppig und ich machte wohl den Fehler, beim Abschleifen etwas zu übertreiben.

Also blieb nichts anderes übrig, als Beschichtung abschleifen und neu schweißen. Um möglichst wenig von dem schönen Rot zu opfern, habe ich auf beiden Seiten der Naht einen dicken Stoffstreifen um das Rohr gewickelt und beim Schweißen naß gejhalten. Dieses  mal habe ich überhaupt nichts abgeschliffen, sondern nur etwas verspachtelt.

 

 

19. 6.            88 km                   Kettengerassel

 

Inzwischen habe ich durch Nachspannen oder  Entlasten des  Federelements eine Stellung gefunden, in welcher die Kette praktisch geräuschlos läuft. Der Spielraum ist aber so klein, dass allein schon kräftiges Treten am steilen Berg und die damit einher gehende Achslastveränderung und das Einsinken der hinteren  Federung wieder zu Rasseln führt. Irgendwann werde ich wohl in die hintere Sitzstrebe eine Aussparung zaubern müssen. Dazu ist leider der Abbau des Sitzes/Kofferraums und das Trennen von ein paar Leitungen erforderlich.

 

28. 6.           122 km                   Noch ein Fehler

 

Bei einer scharfen Bremsung mit der vorderen Scheibe merkte ich. Dass der Vorderreifen am Rahmen schliff und das Fahrzeug für einen Moment unlenkbar wurde. Wenn ich den Steuerkopf 20 mm weiter vorn eingelötet hätte, wäre das vermieden worden und ich hätte ca 20 mm mehr Federweg gewonnen. Wenn……. Ich habe zwischen Schwinge und Gabel ein Stahlseil angebracht, das den Federweg ein paar mm vor der Berührung Reifen – Rahmen begrenzt.

Bei der Gelegenheit kam mir die Idee, den Sitz an der Hinterkante durch 2 Alulaschen 20 mm höher zu legen, dadurch spare ich mir den Umbau der hinteren Strebe, wie unterm 19. 6. beschrieben. Und    es funktionierte und war ein Bruchteil der Arbeit.

 

12. 7.           315 km                   Antrieb und Sitz

 

Zunächst verlief die Kette durch den Sitz. Damit ich sie bzw. Den Schlauch nicht unabsichtlich beim Draufsetzen etwas nach unten drückte, hatte ich ein gebogenes Blech am Rahmen angelötet, das dies verhindern sollte. Auf die Dauer begann mich dieses Blech zu drücken. Außerdem konnte ich das Rasseln des Antriebs nicht völlig abstellen. Deshalb griff ich zu einer radikalen Lösung. Ich entfernte die Zwischenwelle und baute eine durchgehende Kette ein. Dazu musste der Sitz um ca 30 mm angehoben werden. Jetzt störte der Schaltgriff für die Rohloff und wanderte auf die linke Seite. Dort drückte die Halterung beim Treten an den Oberschenkel. Also wanderte der Schaltgriff eine Etage tiefer, wo die Halterung des Sitzes durch das Höherlegen frei geworden war.

 

Probleme und Modellpflege

Schieben mit Tiller schwierig, nur an Lenker UND Lehne möglich

Knie stoßen an Lenker -Tiller verlängern, abknicken?

Fahrverhalten sehr unruhig - doch indirekte Lenkung?

Lager für indirekte Lenkung anlöten

Lenkung immer noch sehr irritierend - steileren Steuerkopf einlöten?

doch wieder direkte Lenkung?

Lenker kürzen

Antrieb rasselt - wo?

Vorderreifen schleift in engen Kurven stark am Kettenschutz - Kette höher, Halterung Kettenschlauch verlegen

Schaltzüge kürzen

Federung hinten zu weich - härteres Federelement

vordere Kette unten abgesprungen - Schlauch mit Schlauchbinder festlegen?

Steuerlager locker

Nach Pulverbeschichtung Hinterrad schwer zu montieren - Schwinge gespreizt

Federbein vorn schleift an der Bremsscheibe

Antrieb rasselt immer noch - Kettenlinie am hinteren Spanner?

Kette "sägt" bei starkem Federn an hinterer Sitzquerstrebe - Schwinge steiler?

Vorderrad schleift bei scharfem Bremsen am Rahmen - Anschlag über Zugseil

Federung vorn federt beim Bremsen zu stark aus

Schutzblechstrebe(Schraube) schlägt an Koffer-Innenseite

Schutzblech hinten

Halter für Dynamo neu

Kofferraumboden klappert

Kartenhalter

Licht brennt vorn u. hinten nicht, Dynamo, Rücklicht u. Scheinwerfer geprüft, alles OK???

wiederholt Licht überprüft, endlich: falsch gepolt!

Abdeckblech für vorderen Spanner

Schleifgeräusch am Hinterrad

Sitz  vorne höher, rote Kettenabdeckung dann kürzen / modifiziertes Alublech anschrauben

Kettenschutzblech an vorderen Umwerfer

Vorderrad knarrt manchmal

Hinterbremse schleift

Hydraulikleitung für Vorderbremse kürzen und Winkelstück

Widerlager für Rohloffnabe abändern

Haken für Einkaufstasche

Halterungen für Anhängerkupplung

Ständer verbogen -stärkeres Alurohr (Schistock)

Anschlag für V-Bremse hi

Schaltstücke Rohloff gegen Klappern sichern

Sitzgurt Lehne verlängern

Zwischenwelle weglassen, nur eine Kette

Schaltgriff im Wege -nach links verlegen

Halterung Schaltgriff drückt beim Treten -tiefer legen

breitere Kette

Kettenschlauch vorn führen

Kettenschlauch hinten unten führen

Kabel sortieren, zusammen fassen, gegen Scheuern sichern

Federblock vorn knickt etwas aus -dickeren Block

Knarren vorn = Reibung des Federblocks?

Aufhängung Federblock verbreitert - das war´s!

Kettenblatt wieder umdrehen

Oberer Kettenschlauch rutscht

Federbolzen vorn knarrt (dickeres Fedelement?)

Federblock oben abgeschrägt, Ruhe herrscht

Kettenspanner vorn höher

Kettenspanner Abdeckblech

WattsUp Schlauchbinder in der Mitte

 

Hier noch Bilder mit Zzipper für Winterbetrieb

 

 

 

Einbau eines Ansmann – Frontmotors

 

Die Gründe hierfür waren folgende:

 

-        beim ElfkW  ließ sich eine Scheibe aufgrund der Schwingenkonstruktion nur mit Distanzstücken einbauen. Ich muß zu meiner Schande gestehen, daß es mir nicht

gelang, der Scheibe das Taumeln abzugewöhnen. Als Folge schliffen die Beläge fast ständig, mit entsprechenden Geräuschen

-        nach fast 2 Jahren packte mich wieder die Baulust und Neugierde

-        bei der Gelegenheit sollte das bisher direkt vor dem Sitz montierte Watts Up an den Lenker wandern.

 

 

 

 

Erfahrungen

 

Der Einbau war problemlos. Ich entschloß mich, den Regler an den Lenker zu montieren. Dadurch  brauche ich von hinten nach vorn nur die beiden Akku – Kabel. Sonst würden da zwei Kabel zum Watts Up und zwei wieder zurück zum Regler, das Motorkabel, und die beiden Steuerleitungen zum Display und zum Tretsensor verlaufen.

 

Gegenüber dem Ansmann im Rad meiner Frau bestehen folgende Unterschiede

-        der Motor setzt erst nach 1,5 Tretlagerumdrehungen ein

-        durch das kleinere Vorderrad (16 statt 20“) und die Federung scheint der Motor plötzlicher einzusetzen (die gezogene Schwinge federt erst mal schlagartig aus)

-        bei starker Last ist der Motor zu hören, allerdings gerade eben. Zum Vergleich: der ElfkW ist deutlich lauter, mein (alter) BionX lief in manchen Betriebsbereichen praktisch lautlos, in Stufe 4 auf steilen Waldwegen bei niedriger Drehzahl brummte und vibrierte er aber deutlich. Der Panasonik ist bei starker Last und nicht ganz rundem Tritt etwas lauter. Möglicherweise registriere ich das Geräusch auch deshalb, weil der Abstand zwischen Ohr und Motor nur halb so groß ist, wie beim Rad meiner Frau.

 

Der Motor kommt mir bei niedrigen Drehzahlen kräftiger vor als der ElfkW.

 

Zur nächsten Runde