Auf dieser Seite finden sich                                                                                                    15. 1. 07

Attac Deutschland, Allgemeines

Hintergründe zur Tobinsteuer

Grundsatzerklärung von Attac Deutschland,

Bemerkungen zur Grundsatzerklärung,

Cross boarder leasing,

ein Beispiel: Nicaragua,

            Literatur

Die zugehörige Homepage:   www.attac.de

Allgemeines: eine neue Bürgerbewegung                                                                                          

 1997 erschien in der Zeitschrift "Le Monde Diplomatique" ein Artikel von Ignacio Ramonet "Die Marktkräfte entwaffnen". Vor dem Hintergrund der verheerenden Folgen der Asienkrise entwickelte er darin die Idee, eine weltweite Organisation zur Einführung  der sogen. Tobinsteuer zu gründen. Dieser Aufruf wurde von Tausenden von Lesern sogleich aufgegriffen. Am 3. Juni 1998 wurde dann in Paris die

 "Association pour une Taxation des Transactions financières pour l´Aide aux Citoyens", kurz A t t a c,  gegründet.
(deutsch: Vereinigung zur Besteuerung von Finanz - Transaktionen zum Wohle der Bürger)
 

 Inzwischen gibt es in 50 Ländern Attac Gruppen, vor allem in Europa, aber auch in Kanada, Brasilien und Senegal, international etwa 90000 Mitglieder

Attac Deutschland

Anfang 2000 wurde von den NROs (Nichtregierung -Organisationen) Weed, Blue 21, Share, Kairos Europa und Pax Christi Attac Deutschland gegründet. Inzwischen arbeiten bei Attac Deutschland etwa 150 NROs mit, neben den oben genannten u. a.

          BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz)
          ver.di (die größte Einzelgewerkschaft der Welt)
          die Euromärsche
          medico international
          terre de hommes
          CGW (Christen für gerechte Wirtschaftsordnung)
          Aktion Selbstbesteuerung
          DAG Bildungswerk
          DGB Jugend
          Oswald von Nell-Breuning Istitut
          Weltfriedensdienst

 Ursprünglich nur als Netzwerk gedacht, hat sich Attac inzwischen zu einer breiten Bewegung entwickelt, in der auch viele Einzelpersonen aus allen Gesellschaftsschichten Mitglied sind (30.000 in Frankreich,  12.000 in Schweden, 4000 in der Schweiz, 17.000 in Deutschland, 2000 in Italien u. a.)

Hintergründe zur Tobinsteuer

 Der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler J. Tobin schlug bereits 1978 eine Börsenumsatzsteuer auf Devisengeschäfte vor, weil die Spekulationen mit Devisen ganze Volkswirtschaften gefährden.
 Inzwischen hat sich die Situation geradezu dramatisch verschärft. Von den 1500 Milliarden Dollar, die täglich(!) um den Globus schwirren, haben etwa 95% nichts mit Handel, sondern nur mit Spekulation zu tun. Bei diesen enormen  Geldmengen sind die Zentralbanken, deren Aufgabe es u. a.  ist, Angriffe gegen die eigene Währung abzuwehren, längst machtlos geworden. Eine Börsenumsatzsteuer von z. B. 0,1% würde kurzfristige Spekulationen unrentabel machen, langfristige Anlagen aber nicht erschweren

 Der derzeitige Entwurf der  Attac – Grundsatzerklärung lautet:


 
   Grundsatzerklärung von Attac  Deutschland
 
 

  E  i n e   a n d e r e  W e l t   i s t   m ö g l i c h
 

Die Globalisierung ist ein Umbruch von historischen Dimensionen. Sie verändert die Gesellschaft mit enormem Tempo und greift tief in unsere Lebensbedingungen ein. Sie wird bisher einseitig von mächtigen Wirtschaftsinteressen dominiert,

·              von großen Banken,

·              Investmentfonds,

·              Transnationalen Konzernen und anderen

·              großen Kapitalbesitzern.

Ihr Leitbild ist der Neoliberalismus, jene Ideologie, wonach die gesellschaftlichen Probleme am besten zu lösen seien, wenn man sie dem Markt und den Privatunternehmen überläßt.
 

Zwei Jahrzehnte neoliberaler Globalisierung führten jedoch zum Gegenteil:
 

·  Die Armut in der Dritten Welt wächst, die soziale Kluft zwischen Nord und Süd wird tiefer, während die Reichen immer reicher werden.

·   Die Armut ist in die Industrieländer zurückgekehrt. Auch bei uns nehmen soziale Unsicherheit, Ausgrenzung und Ungerechtigkeit zu.

·  Die sozialen Sicherungssysteme werden abgebaut und sind von  Privatisierung bedroht.  Renten, Gesundheit, Bildung sollen zur Ware werden.

·  Die parlamentarische Demokratie wird untergraben, weil die Finanzmärkte mit der Drohung, den Standort zu wechseln, zunehmend die Politik diktieren.

·   Die Lösung der brennenden Umweltprobleme wird verschleppt. Die Umweltzerstörung nimmt zu.

·  Die kulturelle Vielfalt gerät unter den Bulldozer einer ökonomisch mächtigen Kulturindustrie.

·   Die  Suggestivkraft von Werbung und Markenlogos bestimmt immer stärker Wertorientierungen, Normen und gesellschaftliche Leitbilder.

·   Die neoliberale Globalisierung hat sehr viele Verlierer und nur wenige Gewinner hervorgebracht.

·  Sie begünstigt damit politische Destabilisierung und ist ein Nährboden für Gewalt, Krieg und Terrorismus.

 Wir brauchen eine andere Politik!

Die neoliberale Globalisierung ist jedoch keineswegs schicksalhaft und alternativlos.

 Sie ist von den Regierungen der großen Industrieländer und mit Hilfe von IWF, Weltbank und WTO zielgerichtet betrieben worden.

Dazu gab und gibt es wirtschafts- und  gesellschaftspolitische Alternativen.

 Dabei geht es nicht um ein Zurück zu vermeintlich idyllischen Zuständen des vergangenen Jahrhunderts.

Notwendig ist vielmehr die

Globalisierung von sozialer Gerechtigkeit,

Noch nie in der Menschheitsgeschichte waren das ökonomische Potential, das Wissen dafür so groß und die technologischen Voraussetzungen so günstig. Diese Ziele sind allerdings nur durchsetzbar, wenn es eine starke, international agierende gesellschaftliche Bewegung für eine andere Globalisierung gibt.
 Als  Einstieg in eine Globalisierung, die allen Menschen zugute kommt, setzt sich Attac ein für:

> die Einführung einer Steuer auf internationale Finanztransaktionen ("Tobin"- Steuer, um "die
    Finanzmärkte zu entschleunigen",) und die

 > Verwendung der Einnahmen für internationale Umwelt- und Entwicklungsaufgaben.

 > die Schließung der Steuerparadiese und Off-Shore-Zentren,

>  die Regulierung von Derivaten und das Verbot von hochspekulativen Fonds (sog. Hedge-Fonds).

 > die Stabilisierung der Wechselkurse zwischen US-Dollar, Euro und Yen.

> eine Welthandelsordnung, die den Interessen der Entwicklungsländer, der sozial Schwachen und

> der Umwelt Vorrang einräumt.

>  Die Lösung der Schuldenkrise der Entwicklungsländer durch Schuldenstreichung  (diese haben
    ihre Schulden über Zinsen z. T. bereits mehrfach  zurückgezahlt )

> Beendigung des neoliberalen Struktur-Anpassungsdiktats.

 > Die grundlegende, demokratische Umgestaltung und politische Neuorientierung von IWF,
    Weltbank  und WTO.

> Die Regulierung transnationaler Konzerne zugunsten von menschlicher Entwicklung und Umwelt.

 > Die stärkere Besteuerung von Kapitaleinkünften und großen Vermögen.

 > Keine weitere Privatisierung der sozialen Sicherungs- Systeme

 > Demokratische Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen,

 > Zurücknahme der Kapitaldeckung in der Alterssicherung
 
 

Hier noch folgende Anmerkungen zu der Grundsatzerklärung:

Unter Offshore Zentren werden  kleine Staaten und Sonderzonen, oft Inseln, verstanden, die Vermögenden und Unternehmen zur Steuerflucht und Geldwäsche dienen. Der "Marktführer" unter den 64 Zentren sind die Ceyman Inseln in der Karibik, die zwar der britischen Regierung unterstehen aber mit Sonderrechten ausgestattet sind. Bei 37000 Einwohnern gibt es dort 575 Banken, auf denen 600 Milliarden Dollar steuerfrei und absolut anonym "geparkt" sind.  Die Banken dort bestehen allerdings meist nur aus einem Messingschild für eine Briefkastenfirma. In Wirklichkeit sind die Offshore-Zentren nichts anderes als "exterritoriale Zonen auf den Festspeichern der Banken, Versicherungen und Investmentfonds.

Allein die offiziell gemeldeten Daten der "Bank für internationalen Zahlungsausgleich"  weisen aus, daß in diesen Zentren die Hälfte aller offiziell gemessenen Auslandsguthaben, nämlich 5000 Milliarden Dollar gebucht sind. Da manche Zentren aber gar nicht melden, ist die tatsächliche Summe mit Sicherheit um ein mehrfaches höher. In diesen Zonen landen z. B. auch die 400 Milliarden Dollar, die der Drogenhandel jährlich erbringt.

Derivate sind "Finanzinstrumente" zur Unterscheidung von Risiken. Ein Beispiel: Ein deutsche Firma verkauft jetzt eine Maschine für 10.000.- Dollar an eine afrikanische Firma. Diese Maschine wird aber erst in einem Jahr geliefert. Um das Risiko zu umgehen, daß in einem Jahr der Dollarkurs gefallen ist, schließt die Lieferfirma mit einer Bank einen Vertrag, der ihr (gegen Gebühr) die Bezahlung zum jetzigen Kurs zusichert. Dieser Vertrag – ein typisches Derivat - ist aber z. B.  für Leute, die an eine Steigerung des Dollarkurses glauben, ein gesuchtes Spekulationsobjekt.

 Das Arbeitsprinzip von  Hedge-Fonds, von denen es etwa 5000 gibt, sind "Wetten auf die zukünftige Entwicklung von Aktien, zinsen, Währungen u. ä." Ein Beispiel: Ein Fond rechnet mit dem Kursrückgang einer Aktie. Gegen eine Gebühr leiht er sich bei einer Bank Tausende dieser Aktien und verkauft sie. Wenn ihr Kurs gefallen ist, kauft er sie (billiger) zurück und gibt sie der Bank zurück. Die Gefahr liegt darin, daß mit relativ geringem Finanzaufwand – in diesem Fall nur die Leihgebühr – riesige Kapitalmassen bewegt werden. Deshalb sind die meisten Fonds in vielen Ländern verboten und arbeiten deshalb von Off-shore-Zentren aus (s. oben) Es ist bekannt, daß z. B. der Quantum – Fond von George Soros  1993 durch eine Spekulation gegen das englische Pfund in wenigen Wochen einen Gewinn von fast einer halben Milliarde Dollar gemacht hat, eine Summe, die letztlich die Steuerzahler aufbringen müssen.

Die WTO ("World Trade Organisation", deutsch Welthandelsorganisation) ist  eine relativ kleine Organisation, die mit ca. 180 Fachleuten für Handelsfragen (+ 380 Übersetzer, techn. Personal  usw) in Genf residiert. Trotzdem ist sie eine mächtige Institution mit 142 Mitgliedern, deren Juristen weitreichende Urteile fällen. Sie wacht über  die Einhaltung des 1995 abgeschlossenen Welthandelsvertrags. Hauptziel dieses Vertrages ist der weitgehende Abbau aller Handelshemmnisse. Als solche gelten auch alle Gesetze zum Schutze von sozial Schwachen und der Umwelt
 Gestützt auf die WTO hat die Regierung Bush z. B. angekündigt, daß sie die EU zur Einfuhr von genmanipulierten Lebensmitteln zwingen will.

Weitgehend unbeachtet von der medialen Öffentlichkeit bereitet die WTO die Privatisierung aller Dienstleistungen vor. Damit soll internationalen Konzernen der Zugang zu Bildung, Kultur, Gesundheitsdiensten, Wasser- und Energieversorgung verschafft werden..

 Der IWF (Internationaler Währungs Fond) wurde 1944 in Bretton Woods gegründet, um Staaten mit zu großem Handels- und Zahlungsbilanzdefiziten Überbrückungskredite zur Verfügung  zu stellen. Diese an sich sinnvolle Aufgabe des IWF hat  inzwischen  dadurch eine unheilvolle Dramatik bekommen, daß seine Experten  die Gewährung von Krediten meist an folgende Bedingungen knüpfen

o   radikale Kürzung der Staatsausgaben
    Dies führt in den ärmsten Ländern z. B. zum Wegfall der Subventionen für Grundnahrungsmittel,
    auf welche die ärmsten  Bevölkerungsteile dringend angewiesen sind
.
o   Liberalisierung des Kapitalmarkts

o   Privatisierung von Staatsbetrieben

o  Öffnung des Landes für ausländische Waren
    Dies hatte in vielen Ländern katastrophale Folgerungen für die einheimischen Kleinbauern, die
    preislich nicht mit den im großindustriellem Stil und mit bis zu 60% subventionierten Lebensmitteln
    aus den USA konkurrieren  können.

o  Einrichtung von sogenannten Sonderwirtschaftszonen
    (Näheres hierzu unter "Nicaragua")

 Was oft hinter den geforderten  Maßnahmen des IWF steht, wurde an der Aussage des damaligen US Außenhandelsministers Mickey Cantor anläßlich der Finanzkrise von Tailand, Indonesien, Malaysia und Südkorea klar:

 "Wenn die Länder die Hilfe des IWF suchen, dann sollten Europa und Amerika den IWF wie einen Rammbock benutzen, um Vorteile zu gewinnen."

Manchmal gehen die Auflagen noch über die oben genannten Punkte hinaus. In Indonesien zwang der IWF der Regierung ein detailliertes Programm auf, das zum größten Teil  mit den akuten Problemen des Landes gar nichts zu tun hatte.

Die Weltbank sollte ursprünglich vor allem Kredite für entwicklungspolitische Großprojekte vergeben. Seit längerem hat sich gezeigt, daß sie sich weitgehend an ähnlichen Prinzipien, wie die des IWF orientiert. Trotz einiger Absichtserklärungen hat sich an dieser Politik  kaum etwas geändert.  Sie fördert nach wie vor in erster Linie ausländische Beteiligungen in der 3. Welt. 90% der Projekte gehen an Energiekonzerne der 7 großen Industrienationen, nur 3% fließen in Projekte  erneuerbarer Energien.

Das deutlichste Beispiel ist eine Hochspannungsleitung nebst angeschlossenen Großkraftwerken  vom Äquator bis zum Kap, durch Angola, Botswana, Lesotho, Malawi, Mosambik, Namibia, Swasiland und Simbabwe. Die beteiligten Länder können aus Kostengründen keine Leitungen in die Dörfer legen,  wo drei Viertel der Bevölkerung leben. Diese Leitung wird die Wirtschaftsaktivitäten magnetartig anziehen  Die aus den ländlichen Räumen Abwandernden lassen die Alten in den Dörfern zurück, die Familienstrukturen werden  zerrissen, in den entstehen Slums nehmen Verwahrlosung, Gewalt und Prostitution zu.
Ein Großteil der Entwicklungskredite zielt wie eh und je auf den Energiebedarf der Rohstoffkonzerne, um den  Bedarf der Industrieländer an Rohstoffen aus der 3. Welt zu sichern.
(nach Hermann Scheer, Solare  Weltwirtschaft)
 

Cross Boarder Leasing,
ein Beispiel dafür, was sich kreative Banker alles einfallen lassen

Vorbemerkung
Die folgenden Informationen stützen sich vor allem auf einen Mitschnitt einer Sendung des WDR von Dr. Werner Rügemer vom 17. 12. 01
(Für diese Sendung erhielt er vom Bund der Steuerzahler den Journalistenpreis 2002)

Der Vorgang
Ein finanzstarker Investor aus den USA leiht eine kommunale Einrichtung z. B. eine Kläranlage  und im Moment des Vertragsabschlusses leiht die Gemeinde die Anlage wieder zurück. Durch diese Transaktion spart der Investor in den USA hohe Summen an Steuer. Einen Teil dieser Steuerersparnis gibt er bei Vertragsabschluß im vorhinein an die Gemeinde weiter.

Ein Beispiel
Im April 2000 gibt die Stadtverwaltung Köln bekannt, daß ein Betrag von 1,3 Milliarden DM auf ihrem Konto eingegangen sei. Dies sei die Leasingsumme für das Abwassernetz der Stadt mit den Kläranlagen und Pumpwerken. Am gleichen Tag wurde diese Summe – abzüglich des sogenannten Barwertvorteils von 54 Millionen DM an eine Bank auf den Ceyman Inseln zurück überwiesen
Als "Investor" wurde die "First Fidelity Bank" angegeben, die First Union Group (sechstgrößte Bankengruppe in den USA) sichert  die Transaktion bonitätsmäßig ab. Zwischen geschaltet als unmittelbarer Geschäftspartner der Stadt ist ein Unternehmen auf den Cayman Inseln,

Fragezeichen
Der  Vertrag über diese Transaktion umfaßt 1200 Seiten in Englisch, dem Stadtrat lag aber nur eine kurze Zusammenfassung von 25 Seiten in deutsch vor, auch der sogenannte Investor wird ihnen nicht genannt. d. h. die Stadträte haben einen Vertrag beschlossen und sie wissen nicht, was sie beschlossen haben und mit wem.
Alle 3 beteiligten die First fidelity Bank, die First Union Group und die Firma auf den Ceyman Inseln antworten auf keinerlei Anfrage
.Der Vertrag läuft über 100 Jahre. Nach 24 Jahren kann die Stadt eine Option auf Beendigung des Vertrages nutzen.

Die Hämmer
Der ganze Vorgang läuft darauf hinaus, daß die fragliche Anlage ab Vertragsabschluß zu hundert Prozent zwei  Eigentümern gehört, nämlich dem Investor, aber auch dem bisheriger Besitzer, etwas was dem bisherigen Rechtsverständnis absolut widerspricht.
Zur Verschleierung dieser Tatsache wird die Transaktion nicht ins Kölner Grundbuch eingetragen, für die Kölner Bürger sieht es also so aus, als ob die Verfügungsgewalt über das Kanalnetz nach wie vor bei der Stadt liegt. Andererseits werden dem Vertrag sog. Grundschuld-Bestellungserklärungen beigegeben, die nun in einem Tresor in den USA lagern und für die dortigen Finanzbehörden als dingliche Sicherung gelten. Für die US Seite sieht es so aus, als ob die Verfügungsgewalt beim "Investor" liegt. Dies ist auch notwendig, damit dieser in den Vorteil der Steuerersparnis kommen kann.
Die beteiligten Banken bauen ein umfangreiches System von Finanztransaktionen auf, von monatlichen Leasingraten, finanziellen Absicherungen für Kursänderungen, oder Gesetzesänderungen in den USA, wobei in Wirklichkeit kein einziger Dollar wirklich investiert wird, denn die fraglichen Anlagen existieren ja bereits alle komplett. Für die amerikanische Seite ist es im Grunde kein Leasing- sondern ein Kaufvertrag.
Die US Steuerbehörde Internal Revenue Service (IRS) hat am 11. 3. 99 eine Verfügung herausgegeben (Revenue Ruling 99/14), die auch heute noch gilt und wonach  die Behörde diese Geschäfte nicht anerkennt, weil sie keine wirtschaftliche Substanz haben. Trotzdem werden derartige Geschäfte nach wie vor abgeschlossen
Verhandlungen und Verträge unterliegen amerikanischem Recht.
Nach Auskunft eines Rechtsanwalts, der sich auf derartige Verträge spezialisiert hat stehen hinter den oben genannten  "Investoren" Deutsche Banken., im konkreten Fall die Deutsche Bank, die Baden-Württembergische, die Norddeutsche und  die Sächsische Landesbank
Die Deutsche Bank erhielt für die Einfädelung des Deals mehrere Millionen, ebenfalls die eingeschaltete Anwaltskanzlei für die Abfassung des riesigen Vertragswerks.

Kein Einzelfall
Bekannt geworden ist inzwischen, daß über 150 Städte in Deutschland solche Verträge abgeschlossen haben, z. B. Dortmund (Westfalenhalle), Düsseldorf (Abwasseranlagen, 1 Milliarde Dollar), Dresden (Straßenbahnwagen und Kläranlage, 480 Millionen) Essen (Messehallen, 300 Millionen), Wittenberg (Kläranlage, 300 Millionen) Wuppertal (Müllverbrennungsanlage, 300 Millionen) darüber hinaus aber auch
Zürich (Straßenbahnen, 120 Millionen), Hausmüllzentrale Nordholland (Müllverbrennungsanlage, 260 Millionen)

Erster Widerstand
In Pforzheim hat der Gemeinderat es abgelehnt, einen CBL – Vertrag abzuschließen, in Kulmbach wurde ein bereits vom Gemeinderat beschlossenes CBL –Geschäft durch ein Bürgerbegehren mit 87,9% Ablehnung zu Fall gebracht. Der Bayerische Finanzminister Falthauser erklärte: "Die Bürger und Bürgerinnen in Bayern wollen nicht, daß ausländischen Investoren kommunale Einrichtungen, wie etwa Wasserversorgung und Kanalisation  in die Hand fallen. Einen Ausverkauf der Städte und Gemeinden wegen kurzfristig lukrativer Steuertricksereien und riskanter Finanzierungsmodelle wollen wir verhindern"
Die Grünen im Salzburger Stadtrat haben folgenden Forderungskatalog für einen CBL Leasingvertrag über das Abwassernetz aufgestellt:
Der langfristige Bedarf an Abwassseranlagen muß ermittelt werden
Name, Standort und Gesellschafter des US – Trusts sowie der rechtsverbindliche Vertragstext müssen offen gelegt werden.
Die Vertragspartner müssen rechtsverbindlich erklären, daß für den Staat an anderer Stelle kein steuerlicher Verlust entsteht.

Zweck dieser Transaktionen
Es findet eine große Umverteilung von staatlichem Steuergeldern an  private Aktionäre statt. Der amerikanische Steuerzahler wird direkt geschädigt aber auch in Deutschland verringern die Banken durch diese "Auslandsinvestitionen ihre Steuerlast; außerdem blähen die deutschen Banken auf diese Weise ihr Geschäftsvolumen auf, zudem noch mit der öffentlichen Hand, einem Geschäftspartner, der eine hohe Sicherheit bietet. All das findet seinen Niederschlag im "Rating" d. h. der wirtschaftlichen Bewertung der beteiligten Banken..

Langfristige Gefahren
In den riesigen Vertragswerken sind eine Unzahl von Fußangeln versteckt   Z. B. kann bei einer Stillsetzung eines Kanalabschnitts der Stadt Vertragsbruch vorgeworfen werden. Oder wenn eine Stadt z. B. ihre Messehalle vermietet, kann sie gezwungen sein, diese Halle auch dann weiter zu betreiben, wenn sie längst technisch überholt oder unrentabel geworden ist.
Außerdem besteht die Gefahr, daß jeder Fortschritt im Umweltschutz blockiert wird, weil seine Realisierung die vertraglich penibel genau beschriebenen Anlagen verändern würde.
Allen Beteiligten ist die Unrechtmäßigkeit bewußt, deshalb organisieren sie ein umfassendes Schweigen.

Literatur

 "Attac - was wollen die Globalisierungskritiker?" Christiane Grefe, Mathias Greffrath, Harald Schuhmann,  Rohwolt Verlag, 2002

 "Eine andere Welt ist möglich", das Buch zum Attac – Kongreß 2001 in Berlin,  VSA Verlag Hamburg

"Die Schatten der Globalisierung", Joseph Stiglitz (früher Chefvolkswirt der Weltbank)

"Weltbeben – Auswege aus der Globalisierungsfalle", Wolfgang Keßler
 

 Informationen unter info@attac-netzwerk.de  und   www.attac.org
 Informationen zur oft unrühmlichen Rolle der WTO (World Trade Organisation) gibt es unter
  www.wto-kritik.de  und   wto@attac-netzwerk.de,
 

LITERATUR
Geld ohne Zinsen und Inflation, Margrit Kennedy Goldmann-  Verlag, 250 Seiten, leicht lesbar und gut geeignet als Einstieg
Das Geldsyndrom, Helmut Creutz, Ullstein-Verlag, ca 400  Seiten, das Standardwerk für den, der den Dingen wirklich auf den Grund gehen will
Wirtschaften im 3. Jahrtausend, Wolfgang Keßler, Publikforum Verlag
Der Sprung aus dem Teufelskreis, Heinrichs
 Das Geld der Zukunft, B. A.  Lietaer

Als Beispiel für die Folgen der derzeitigen Globalisierung sei verwiesen auf

Nicaragua -ein Beispiel von vielen                                                                          

Die Vorgeschichte

Der Leidensweg dieses Volkes begann schon 1522, als die Spanier das Land eroberten und von ursprünglich ca einer Million Einwohner bis 1540 nur 40000 übrig ließen. Wer nicht ermordet wurde, wurde zur Sklavenarbeit in den Silberminen der angrenzenden Länder gezwungen. 300 Jahre lang wurde das Land exzessiv ausgeplündert. Der Aufbau von verarbeitender Industrie und selbst der Anbau von landwirtschaftlichen Produkten,  wie Oliven und Weintrauben, war verboten, wenn diese in Spanien ebenfalls angebaut wurden.

So ging´s weiter

Ab etwa 1850 machten zunehmend die USA ihren Einfluß geltend. 1811 setzten sie den Buchhalter einer amerikanischen Firma, Adolfo Diaz zum Präsidenten ein. Den Widerstand gegen ihn unterdrückten die amerikanischen "Marines", die ein Jahr später einmarschierten und bis 1933 blieben. Nicht unerheblichen Anteil an ihrem Abzug hatte die 1927 von Augusto Cesar Sandino als erste in Südamerika gegründete Guerilla - Armee. Vor ihrem Abzug hatten die Amerikaner die Nationalgarde mit Anstasio Somoza Garcia an der Spitze aufgebaut. Dieser ließ sich 1936 zum Präsidenten wählen und als eine der ersten Amtshandlungen Sandino ermorden. Somoza, danach sein Sohn und später dessen Bruder  Anastasio betrachteten bis zu ihrem Sturz 1979 das Land im Grunde als ihren Privatbesitz.
1961 gründete Carlos Fonseca Amador die "Sandinistische Front der nationalen Befreiung" (FSLN), die 1979 schließlich Somoza stürzen konnte.

Der Einfluß der USA

Am 24. 11. 81 beauftragte Reagan die CIA, zur Bekämpfung der Sandinisten die Contras aufzubauen, in denen bald viele ehemalige Mitglieder der Nationalgarde Somozas kämpften. Von 85 bis 89 unterstützten die USA die Contras mit insgesamt 225 Millionen Dollar, z. T. vor dem Kongreß als "humanitäre Hilfe" getarnt. 83/84 wurden u. a. die Häfen des Landes vermint und die Erdölreserven vernichtet. 1984 reichte die Regierung Klage gegen die USA beim internationalen Gerichtshof in Den Haag ein, worauf die USA erklärten, daß sie das Urteil nicht anerkennen werden. Am 27. 6. 86 verurteilte das Gericht die USA wegen Verletzung der Menschenrechte und des Völkerrechts und forderten die USA auf, das Land zu entschädigen.

Der Neuanfang

Nach dem Sturz des Diktators Somoza begannen die Sandinisten  ein umfangreiches Reformprogramm, u. a.  eine auf  lange Dauer angelegte Alphabetisierungsaktion, welche die Analphabetenrate von 50 auf 13% senkte, eine Gesundheitskampagne, welche Malaria und Kinderlähmung fast ausrotten konnte und eine Bodenreform. Die Contras setzten jedoch, unterstützt von den USA, den Bürgerkrieg  fort und zwar mit gezielten Angriffen gegen Kooperativen, Schulen und wirtschaftliche Einrichtungen. Der Karlsruher Journalist Jürgen Sormany, der 3 Jahre im Land lebte, baute in Karlsruhe einen Freundeskreis  zur Unterstützung der Alphabetisierungsaktion auf. Die wirtschaftlichen Probleme durch den jahrelangen Bürgerkrieg, der 28000 Menschen das Leben kostete und Schäden in Höhe von 12 Milliarden Dollar anrichtete und der Widerstand der Großgrundbesitzer brachten die Regierung zunehmend in Schwierigkeiten, so daß sie schließlich durch eine den USA hörige Marionettenregierung ersetzt wurde.

Die Eingriffe des IWF

Das durch den jahrelangen Bürgerkrieg geschwächte, ca 5 Millionen Einwohner zählende Land brauchte dringend Kredite zum Wiederaufbau..
Die Technokraten des IWF (Internationaler Währungsfond) knüpften die Gewährung dieser Darlehen, wie üblich,  u. a. an folgende Forderungen:
    1 Radikale Kürzung der Staatsaufgaben
Dies führte zur Entlassung von 200 000 Angestellten und Arbeitern im öffentlichen Dienst, fast 10% aller Arbeitskräfte des Landes. Dadurch kam das oben erwähnte Alphabetisierungsprogramm praktisch zum Stillstand.
    2 Einrichtung von Sonderwirtschaftszonen ("Zonas francas")
In diesen Zonen läßt die internationale Textilindustrie steuerfrei und hinter Stacheldraht Jeans und T-Shirts für den amerikanischen und europäischen Markt produzieren. Die Stoffe werden aus China importiert, die Maschinen kommen aus Japan oder Deutschland, die Techniker aus Taiwan. Nicaragua liefert nur den "menschlichen Rohstoff", 40 000 Arbeitskräfte, die zumeist unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen und zu Stundenlöhnen unter 50 US Cents und ohne jede Arbeitsrechte hier schuften. Schon den Versuch, sich zu organisieren, ahnden die Chefs mit sofortigen Rauswurf. Die Einrichtung solcher Zonen bedeutet, daß dem Land selbst jede Möglichkeit abgeschnitten wird, mit  eingenommenen Steuern irgend eine soziale oder politische Struktur aufzubauen.

Sonderwirtschaftszonen in anderen Ländern

Nach Auskunft der ILO, der internationalen Arbeitsorganisationen gibt es weltweit inzwischen von Bangladesh bis Mexiko fast 900 solcher Zonen, in denen rund 27 Millionen Menschen schuften. Meist handelt es sich um junge, unverheiratete Frauen, die ihre Rechte nicht kennen und "williger" sind als Männer; wenn sie heiraten, werden sie entlassen..

Literatur
"Attac - was wollen die Globalisierungskritiker?" Christiane Grefe, Mathias Greffrath, Harald Schuhmann, S. 38/39
"Eine andere Welt ist möglich", VSA Verlag Hamburg
"Nicaragua - Ein Volk träumt Freiheit ", Jürgen Sormany, Verlag Samuel Degen, Karlsruhe