·  Dorferneuerung                                                              1. 1.  03

VRO

Die Bedeutung der Dörfer  hatte auch Gandhi erkannt, der die letzten 10 Jahre seines Lebens in einem kleinen Dorf verbrachte. Er war überzeugt, die eigentliche Zukunft Indiens liegt in den 600000 Dörfern. Durch ihn wurde der als Missionar nach Indien gekommene belgische Jesuit Michael Windey angeregt, sich um dieses Problem anzunehmen. Windey war zunächst Professor für Soziologie an der Universität  Ranchi und begann, mit seinen Studenten beim Wiederaufbau von Dörfern mit zu helfen, welche durch Orkane oder Überschwemmungen zerstört waren. 1969 gründete er die VRO (Village Reconstruktion Organisation), die inzwischen über 300 Dörfer gebaut hat. Windey geht es aber prinzipiell weniger darum, neue Dörfer zu bauen, sondern die Idee "Dorf" zu erneuern. Seine Ziele sind:

 -  Entwicklung eines starken Gemeinschaftsgefühls
 -  Überwindung des in den Dörfern noch vorhandenen Kastensystems
 -  Gegenseitige Anerkennung aller Religionen
 -  Integration der Frauen und Jugendlichen
 - Weg kommen von der alleinigen Abhängigkeit von der Landwirtschaft
 - Gestaltung von so attraktiven Dörfern, daß auch die Jugendlichen nicht abwandern

Der wichtigste Schritt ist der Aufbau von Selbstvertrauen bei Menschen, deren Einkommen  vorher meist bei weniger als einer Rupie je Tag lag. Ohne Selbstvertrauen fehlt auch das Interesse an Entwicklung.
Die VRO unterstützt den Dorfbau durch bereit stellen von Baumaterial und Fachleuten. Der Dorfbau beginnt, wenn die Leute die oben stehenden Ziele akzeptieren (was manchmal bis zu einem Jahr dauert.) Alle Häuser werden in katastrophensicherer Bauweise gemeinsam gebaut und die Familie, welche die meisten Arbeitsstunden geleistet hat, darf zuerst ihr Haus wählen. Gleichzeitig mit dem Bau der Häuser werden die ersten Bäume gepflanzt, was für die künftigen Dorfbewohner angesichts des zum täglichen Gießen heran zu schaffenden knappen Wassers eine erhebliche Herausforderung ist.

Die VRO  setzt sich außerdem für ein gutes Schulsystem und eine mit einfachsten Mitteln arbeitende, aber effektive Gesundheitsversorgung ein. Über 300 Helfer sind hauptamtlich für sie tätig, zum großen Teil Studenten
.
Info. www.vro.ch     Spendenkonto.  Missionsprokur SJ "Dorfbauhilfe "VRO" Konto 813532       Bayerische Hypovereinsbank Nürnberg BLZ 760 200 70

Fundaec

Einen anderen Ansatz verfolgen die sog. Entwicklungshochschulen, die auf ein Beispiel aus Kolumbien, "Fundaec" zurückgehen. Dort hatte ein Team von jungen Professoren an der Universität Valle die Idee, daß Bildung zwar unerläßlich für die Weiterentwicklung der Menschen ist, die bisher vermittelte Bildung jedoch vor allem Perspektiven in den Städten eröffnet und so die Landflucht verstärkt. Aus dieser Idee hat sich inzwischen ein neuartiges Bildungssystem entwickelt, das weltweit Beachtung findet . Die Lehrpläne werden völlig auf die Bedürfnisse der Dörfer ausgerichtet. Dies bedeutet, völlig neue Lehrbücher und das Aufgeben der traditionellen Fächeraufteilung. Die Schule kommt ins Dorf. Die Schüler gehen immer wieder als Lehrer  in ihre Dörfer. Sie werden dort weit eher akzeptiert, als ausländische Entwicklungshelfer, kennen die Verhältnisse vor Ort und bekommen wertvolles Feedback-

Grameen -Banken (Kleinkreditbanken)

Mohamed Yunus war ursprünglich Prof  für Volkswirtschaft in Bangladesh.  Bei einem Besuch in einem Dorfe erkannte er, daß viele Arme aus eigener Kraft auch beim besten Willen nicht auf einen grünen Zweig kommen können  Eine Frau, die einen schönen Korb herstellte, erlöste dafür so wenig, daß sie Geld für das Material des nächsten Korbes gegen Wucherzinsen leihen mußte. Die Zinsen der Geldverleiher betrugen damals bis zu 10% am Tag! Er traf 42 Menschen, denen bereits  mit einem einzigen Dollar entscheidend geholfen wäre. Arme ohne jede materielle Sicherheit bekommen aber natürlich von keiner herkömmlichen Bank  Kredit. Inzwischen gibt es auf der ganzen Welt hunderte von Banken nach seinem Beispiel einer "Grameen" -Bank. (Grameen = Dorf.) Der Name rührt daher, weil diese Bank keine Zweigstellen hat, sondern direkt auf die Dörfer geht. Seine Bank vergibt Kredite bis ca 200 Dollar an Gruppen von jeweils mindestens 5 Personen (94% Frauen). Die Rückzahlungsquote liegt  überraschenderweise bei Frauen bei 99%, bei Männern bei 85%. Nach M. Yunus ist es immer wieder faszinierend, mit welcher Kreativität und langfristiger Planung diese einfachen Frauen, die oft das erste mal in ihrem Leben überhaupt Geld in den Händen haben, damit umgehen. Aber auch für größere Investitionen ist das System geeignet, seine Bank vergab z. B. bis heute über 400000 Baudarlehen.

Übergang zur einer Solarwirtschaft

Hermann Scheer entwickelt in seinem Buch "Solare Weltwirtschaft " das Scenario einer völlig auf regenerative Energien aufgebauten Weltwirtschaft und belegt, daß dies keine hochfliegende Utopie ist. Unter Solarenergie versteht er neben  Energie aus Wasser- und Windkraft, Geothermie, Fotovoltaik und Gezeitenenergie auch Energie aus Biomasse, d. h. aus Pflanzen und Tierabfällen. Er sieht daneben sogar die Möglichkeit, einen großen Teil der heute verwendeten Rohstoffe durch solche pflanzlichen Ursprungs zu ersetzen. Das Kennzeichen dieser neuen Wirtschaft ist Dezentralisierung, d. h. sie hat ihren Schwerpunkt auf regionaler Ebene. Dies bedeutet natürlich für die Landwirtschaft und damit für die Dörfer eine enorm erweiterte Perspektive. H. Scheer hält die Einbeziehung von Kleinlandwirten auf der ganzen Erde für zwingend notwendig, damit dieses neue Feld nicht wiederum in den Händen von globusumspannenden Konzernen landet.

Literatur
Solare Weltwirtschaft, Hermann Scheer, Kunstmann Verlag (eine Zusammenfasssung des Buches ist unter "Alternativer Energie" abgelegt)
Klimawechsel, Carl Amery u. Hermann Scheer, Kunstmann Verlag